Die Finma sieht keinen Grund, CS-Präsident Lehmanns umstrittene Aussagen zu den Geldabflüssen weiterzuverfolgen

Der Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse hatte sich Anfang Dezember in Interviews zu optimistisch zur Entwicklung der Kundengelder geäussert. Die unglücklichen Sätze brachten kurzfristig die Finanzmarktaufsicht aufs Tapet. Nun gibt diese allerdings Entwarnung.

Die Geldabflüsse seien «im Wesentlichen gestoppt»: Diese Aussage, die CS-Präsident Axel Lehmann Anfang Dezember gegenüber Bloomberg TV gemacht hatte, hat ihn Monate später in die Bredouille gebracht. Denn es stellte sich später heraus, dass im Dezember noch einmal Dutzende Milliarden Franken an Kundengeldern die Bank verlassen hatten.

Die Nachrichtenagentur Reuters meldete daraufhin am 21. Februar 2023, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) diesen und weitere öffentliche Kommentare Lehmanns vom Dezember genauer unter die Lupe nehmen wolle.

Damals wollten weder die CS noch die Finma zur Geschichte Stellung nehmen. Am Freitagabend hat nun aber die Grossbank in einem knappen Communiqué verkündet, dass die Finma keinen Grund sehe, wegen der Aussagen Lehmanns eine formelle Untersuchung zu starten. Auch die Finma teilte wenig später mit, dass sie in diesem Zusammenhang «mögliche Verletzungen des Finanzmarktrechts» abgeklärt habe. Doch: «Sie sieht keinen ausreichenden Anlass, in dieser Sache ein aufsichtsrechtliches Verfahren zu eröffnen.»

Es ist unüblich, dass die Finma über die Beendigung formloser Abklärungen informiert; insbesondere, da sie sich zuvor selber nie zu diesen Abklärungen geäussert hatte. In diesem Fall machte sie eine Ausnahme, weil die Medienberichte bereits «zu Reaktionen im Markt geführt» hätten, wie die Aufsichtsbehörde schreibt. Die Finma habe «der Bank aber ihre klaren Erwartungen in Bezug auf ihre künftige Kommunikation mitgeteilt»; ganz ohne Tadel lässt sie die CS also nicht davonkommen.

Die Nachricht dürfte aus Sicht der Credit Suisse gleichwohl sehr willkommen sein. Im Wochenrhythmus wird sie derzeit mit neuen und alten Problemen konfrontiert; diesen Donnerstag etwa musste sie kurzfristig die Publikation ihres Geschäftsberichts verschieben, weil kurz zuvor die US-Börsenaufsicht SEC mit Fragen bei ihr vorstellig geworden war. Diese Probleme führten dazu, zusammen mit einer weltweiten Baisse bei allen Bankaktien, dass die CS-Aktie am Freitag zeitweise deutlich unter die Marke von 2,50 Franken auf ein neues Allzeittief fiel; sie schloss den Tag auf einem Kurs von genau 2,50 Franken. Die Medienmitteilung erfolgte erst nach Börsenschluss.

Damit dürften Lehmanns ungeschickte Aussagen im aufsichtsrechtlichen Sinne folgenlos bleiben. Vertrauen haben sie allerdings bereits gekostet: Nicht zuletzt wegen des Bloomberg-Interviews gingen die Finanzanalytiker bis Anfang Februar davon aus, dass bei der CS im Dezember tatsächlich kaum mehr Kundengelder abgeflossen waren. Fast unisono lagen sie daher mit ihren Schätzungen für die Jahresresultate weit daneben; und entsprechend ernüchtert reagierten die Finanzmärkte am 8. Februar, als die CS verkündete, dass im vierten Quartal 2022 netto gut 110 Milliarden Franken an Kundengeldern abgeflossen waren. Künftige Aussagen der Grossbank zur Entwicklung der Kundengelder dürfte der Markt also gleichwohl weiterhin auf die Goldwaage legen.


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