Türkei: Erdogan liegt nach vorläufigen Ergebnissen vorn

Zurzeit liegt ein relativ undurchsichtiges Bild von der Präsidentschaftswahl in der Türkei vor. Die Prozentzahlen schwanken je nach Medienberichten. Es liegen noch keine offiziellen Ergebnisse vor.
Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu liegt türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Auszählung von rund der Hälfte aller Stimmzettel bei 52 Prozent, Herausforderer Kemal Kilicdaroglu bei 42 Prozent.
Die Opposition zweifelt an den verbreiteten vorläufigen Ergebnissen. Kilicdaroglu hat Wahlbeobachter aufgefordert, sich auf keinen Fall von den Urnen und Stimmzetteln zu entfernen.
Laut vier Insidern aus dem Oppositionslager der Nachrichtenagentur Reuters wiederum liege Kilicdaroglu knapp vor Erdogan.
Zuvor hat der Sprecher von Kilicdaroglus Partei CHP gesagt, man sehe ein positives Bild, auch wenn der staatliche Sender TRT Erdogan nach der Auszählung erster Stimmen mit 59 Prozent in Führung sieht. Zurzeit meldet TRT 52 Prozent für Erdogan und 42 Prozent für Kilicdaroglu bei rund der Hälfte der ausgezählten Stimmen.

Auch Istanbuls oppositioneller Bürgermeister bittet die Türkinnen und Türken, die Wahlergebnisse der staatlichen Agentur nicht zu beachten.

Parlamentswahl: CHP vorne
Neben der Präsidentenwahl fand auch eine Parlamentswahl statt. Hier liege Erdogans AKP mit rund 32 Prozent hinter der oppositionellen CHP von Kilicdaroglu mit 34 Prozent, berichtete der Sender Halk TV nach Auszählung von 0.6 Prozent der Stimmen.

Die Wahllokale im Land schlossen am Sonntag um 16 Uhr unserer Zeit. Mit Ergebnissen wird am späteren Abend gerechnet. Insgesamt waren etwa 64 Millionen Menschen im In- und Ausland aufgerufen, den Präsidenten und ein neues Parlament zu wählen. Umfragen im Vorfeld der Wahl sagten bei der Präsidentenwahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu voraus.

Stichwahl in Sicht?
Bekommt keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent der Stimmen, geht es für die beiden stärksten Kandidaten in zwei Wochen in eine Stichwahl. Dem Kandidaten eines ultranationalistischen Parteienbündnisses, Sinan Ogan, wird Umfragen zufolge nur ein niedriges einstelliges Ergebnis vorausgesagt.

Amtsinhaber muss um Wiederwahl bangen
Der amtierende Präsident Recep Tayyip Erdogan muss nach 20 Jahren an der Macht um seine Wiederwahl fürchten. Umfragen nehmen ein enges Rennen zwischen ihm und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu vorweg.

Kilicdaroglu ist Chef der sozialdemokratischen Partei CHP und tritt für ein breites Bündnis aus sechs Parteien an. Er verspricht, das Präsidialsystem, unter dem Erdogan weitreichende Vollmachten hat, wieder abzuschaffen.

Erdogan hat Macht stark ausgebaut
Die Wahl fand in angespannter Atmosphäre statt. Zuletzt war die Sorge laut geworden, dass Erdogan eine Niederlage nicht akzeptieren könnte. Am Freitag hatte der Präsident jedoch erklärt, das Ergebnis in jedem Fall anzuerkennen.

Seit der Einführung eines Präsidialsystems vor fünf Jahren hat der 69 Jahre alte Erdogan so viel Macht wie noch nie und kann weitestgehend am Parlament vorbei regieren. Kritikerinnen und Kritiker fürchten, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern vollends in die Autokratie abgleiten könnte, sollte er erneut gewinnen. Auch international wird die Abstimmung im Nato-Land aufmerksam beobachtet.

Regierung kontrolliert Medien weitgehend
Der Wahlkampf galt als unfair, vor allem wegen der medialen Übermacht der Regierung. Bestimmendes Thema war vor allem die schlechte wirtschaftliche Lage mit einer massiven Inflation.

Erdogan versprach unter anderem eine Anhebung von Beamtengehältern und weitere Investitionen in die Rüstungsindustrie. Er führte eine aggressive Kampagne, beschimpfte die Opposition als «Terroristen» und äusserte sich feindlich gegenüber lesbischen, schwulen und queeren Menschen.

Der Oppositionsführer Kilicdaroglu will derweil die Unabhängigkeit von Institutionen wie der Zentralbank wiederherstellen und die Inflation in den Griff bekommen. Er steht für eine Wiederannäherung an die EU, aber auch für eine schärfere Migrationspolitik.


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